1. Akt: Nur das Vergnügen zählt
In der kurzen Ouvertüre stimmen die Streicher ein wehmütig klagendes Thema an, das das tragische Schicksal der Hauptfigur vorwegnimmt. Nach wenigen Takten mischt sich ein Tanzthema mit den traurigen Klängen – es steht für das von Festen und Bällen geprägte glanzvolle Leben der Pariser Gesellschaft. Der Vorhang geht auf, die Banda (das Orchester auf oder hinter der Bühne) schmettert schnelle, Cancan-artige Musik: Im Salon der schönen Kurtisane Violetta Valéry (Sopran) findet ein Fest statt. Violetta begrüßt ihre Freunde, die recht spät ankommen: Baron Douphol (Bariton) mit Flora Bervoix (Mezzosopran) und Marquis d’Obigny (Bass). Dann tritt auch noch der Vicomte Gaston de Letorières (Tenor) ein, der einen weiteren Gast mitbringt, Alfredo Germont (Tenor). Alfredo hat Violetta schon früher gesehen, aber nicht näher kennengelernt. Er verehrt sie sehr. Gaston flüstert dies Violetta rasch zu, während alle übrigen schon in der Vorfreude auf das Diner schwelgen. Als man ihn dazu auffordert, erhebt sich Alfredo zu einem schwungvollen Trinklied: „Libiamo ne’ lieti calici“ („Laben wir uns aus Bechern der Freude“). Violetta antwortet umgehend und preist das reine Vergnügen: „Tra voi sapò dividere ...“ („Unter euch kann ich meine Zeit fröhlich verbringen“). Alle stimmen im Chor dazu ein.
„Laben wir uns aus Bechern der Freude an dem, was Schönheit zum Blühen bringt, und die flüchtige Stunde berausche sich im Genuss.“ (Alfredo, S. 17)
Aus einem benachbarten Saal klingt Tanzmusik herüber. Violetta fordert die Anwesenden auf, hinüberzugehen. Nur sie und Alfredo bleiben zurück. Ihr Verehrer bemerkt, dass Violetta plötzlich bleich geworden ist. Er macht sich ernsthafte Sorgen. Violetta wiegelt jedoch ab. Die gedämpfte Tanzmusik bleibt die ganze Zeit hörbar. Alfredo beteuert Violetta, dass ihr ein sorgender Liebhaber fehle und er diese Stelle in ihrem Leben gern einnehmen würde, doch die Kurtisane lacht ihn zunächst aus. Dann jedoch zögert sie und fragt ihn, wie lange er sie schon liebe. Alfredo hebt, begleitet von einem sehr langsamen Walzertakt, zu einer ausführlichen Antwort an: „Ah, si da un anno“ („Ach ja, seit einem Jahr“). Violetta bekennt ihm nun freimütig, sie sei so viel heldenhafte Liebe nicht wert und er solle sich eine andere suchen. Alfredo wiederholt darauf seine Worte und Violetta ihre Zurückweisung, aber bei dieser Wiederholung vereinigen sich ihre beiden Stimmen im Duett.
„Unter euch kann ich meine Zeit fröhlich verbringen; Aberwitz ist alles in der Welt, was nicht Vergnügen ist.“ (Violetta, S. 19)
Gaston taucht kurz in der Tür auf und erkundigt sich nach dem Verbleib der beiden. Violetta antwortet ihm, sie hätten nur miteinander gescherzt. Dann wendet sie sich wieder Alfredo zu und will von ihm das Versprechen, nicht mehr von Liebe zu reden. Alfredo nickt betrübt. Zum Zeichen ihrer Sympathie reicht Violetta ihm eine Kamelienblüte, die sie im Ausschnitt ihres Kleides trägt. Er soll ihr die Blume zurückbringen, wenn sie verblüht ist. Alfredo weiß: Kamelien verblühen sehr rasch, also wird es schon am nächsten Tag so weit sein. Er nimmt es als Hoffnungszeichen und verabschiedet sich glücklich.
„Eines Tages erstrahltet Ihr glücklich und himmlisch vor mir. Und seit diesem Tage lebte ich bebend von ungekannter Liebe.“ (Alfredo, S. 23)
Fast die ganze Zeit über war im Hintergrund die Musik aus dem Ballsaal zu hören, nun braust sie laut auf. Die Gesellschaft kommt erhitzt vom Tanz zurück. Alle singen im Chor davon, wie köstlich sie sich amüsiert haben. Der Morgen graut bereits und die Gäste verabschieden sich, um sich auszuruhen und Kraft für neue Vergnügungen zu sammeln. Violetta bleibt allein zurück. In sich gekehrt denkt sie darüber nach, was diese Bekenntnisse Alfredos für sie bedeuten: „È strano, è strano“ („Es ist seltsam, es ist seltsam“). Denn trotz des vergnüglichen Treibens in Paris fühlt sie sich oft einsam und verlassen. Kann diese Liebe ein Hoffnungszeichen für sie sein? Violettas Stimmung schlägt um: Nein! Das sind Illusionen! „Sempre libera“, „Frei muss ich sein“, ruft sie aus. Sie will sich am Genuss berauschen, im Strudel der Lust versinken. Unten auf der Straße geht derweil Alfredo vorbei. Der Preisgesang seines Liebesglücks klingt zwar noch einmal herauf, doch Violettas koloraturenverziertes „Sempre libera“ setzt sich am Ende des Aktes triumphal durch.
2. Akt: Nur die Liebe zählt
Im Gartenzimmer eines luxuriösen Landhauses bei Paris verweilt Alfredo und wähnt sich glücklich, weil er hier seit drei Monaten mit Violetta zusammenlebt: „Lunge da lei per me non v’ha diletto“ („Fern von ihr gibt es für mich keine Freude“). Die Kurtisane hat ihrem mondänen Leben in Paris entsagt und ist nun nur für ihn da. Er fühlt sich wie im Himmel. Alfredo besingt die verschiedenen Aspekte seines jungen Liebesglücks. Die begleitenden Streicher bringen seine Gefühle facettenreich zum Ausdruck. Violettas Zofe Annina (Mezzosopran) tritt hinzu. Sie kommt soeben aus Paris, wo sie das Hab und Gut ihrer Herrin verkauft hat. Denn Violetta kann kaum mehr die Ausgaben des Landaufenthalts decken. Alfredo ist darüber entsetzt, die Musik begleitet ihn mit Pauken und Trompeten: „O mio rimorso“ („Oh wie ich bereue“). In einer dramatischen Selbstanklage wird ihm klar, was er in seinem Liebesglück bisher übersehen hat. Sogleich eilt er nach Paris, um das Finanzielle zu regeln. Kaum ist er fort, tritt Violetta ein. Ein Diener bringt ihr eine Einladung zu einem Ball ihrer Freundin Flora, doch Violetta beachtet sie nicht.
„Es ist seltsam! ... Es ist seltsam! ... Ins Herz haben sich mir jene Worte gegraben! Wäre eine ernsthafte Liebe Unglück für mich?“ (Violetta, S. 29)
Da taucht unerwartet ein Herr auf, der sich als Giorgio Germont (Bariton) vorstellt: Alfredos Vater. Violetta ist diese Begegnung unangenehm. Sie vermutet, dass Germont ihr wegen ihres luxuriösen Lebensstils Vorwürfe machen wird. Um ihn zu beschwichtigen, beteuert sie, dass sie sich von ihrem ganzen Besitz – und damit von ihrer Vergangenheit – trennen und nur noch für Alfredo da sein will. Das ehrt zwar Violetta, doch es droht Germonts Absichten zu durchkreuzen. Er will sie nämlich dazu bewegen, sich von Alfredo zu trennen. Der Grund ist sein zweites Kind: „Pura sicome un angelo“, „rein wie ein Engel“ sei seine Tochter. In einem bewegten ariosen Gesang legt Germont ausführlich dar, dass seine Tochter ihren Verlobten unter den gegebenen Umständen nicht heiraten könne: Solange Alfredo an der skandalösen Beziehung zu Violetta festhalte, wolle jener Verlobte nicht in Germonts Familie einheiraten. Um des Glücks seiner Tochter willen verlangt Germont von Violetta das Opfer, auf Alfredo zu verzichten. Violetta weigert sich völlig aufgeregt, stockend. Diese Regung vollzieht auch die begleitende Orchestermusik in abgehackten Tönen deutlich mit. Germont gibt ihr, genauso abgehackt und dadurch überdeutlich, fast belehrend zu verstehen, dass die Liebesglut eines Tages erloschen sein werde – und was dann? Er wiederholt seine Bitte inständig. Violetta ist schmerzhaft berührt. Ihrem Elend scheint sie nicht entrinnen zu können. Denn sie weiß, dass sie sehr krank ist und wohl nicht mehr lange leben wird. Unter Tränen lässt sie sich erweichen, dem Glück der jungen Frau nicht im Weg zu stehen und dafür das eigene zu opfern. In einem großen, vielfältigen Wechselgesang bringt einerseits Germont seine Dankbarkeit und sein Mitgefühl zum Ausdruck; andererseits beteuert Violetta nochmals, auf Alfredo verzichten zu wollen. Versöhnt verabschieden sich die beiden mit einer Umarmung.
„Immer ungebunden muss ich mich von einem Vergnügen zum nächsten treiben lassen, ich will, dass mein Leben die Pfade des Vergnügens durchläuft.“ (Violetta, S. 31)
Violetta ruft ihre Zofe Annina und übergibt ihr eine rasch dahingeworfene Notiz. Dann setzt sie sich, um zu ruhiger Begleitmusik einen längeren Brief zu schreiben, wobei sie der zurückkehrende Alfredo überrascht. Da Violetta verwirrt reagiert, verlangt er den Brief zu sehen. Violetta antwortet erregt, dies spiegelt sich in der ebenso erregten Musikbegleitung des Orchesters. Violetta ist völlig ratlos, sie zwingt sich zur Ruhe und singt ausgesprochen langsam, auch um Alfredo zu beruhigen. Aber die tremolierenden Streicher bleiben peitschend und aufgewühlt. Über einem Crescendo (Anschwellen der Lautstärke) von Streichern und Blech fleht Violetta Alfredo noch einmal um seine Liebe an. Ihre Gesangsmelodie ist jetzt das Klagethema vom Anfang der Ouvertüre. Dann läuft sie in den Garten, um ihrer Gefühle Herr zu werden.
„Fern von ihr gibt es für mich keine Freude! “ (Alfredo, S. 33)
Alfredo will sich ablenken und greift zu einem Buch. Da meldet ein Diener, Violetta sei in einer Kutsche weggefahren. Alfredo nimmt an, sie wolle sich in Paris um die Auflö-sung ihres Haushalts kümmern. Als ein Bote einen Brief von Violetta bringt, ist Alfredo gespannt und besorgt. Die Violinen spielen nur noch Pizzicati (die Saiten werden nicht gestrichen, sondern mit den Fingern gezupft). Mit zitternden Händen liest Alfredo die erste Zeile. Es folgt ein Donnerschlag aus dem Orchester und ein Schrei aus Alfredos Mund. In diesem Moment erscheint Germont. Stolz will er den Sohn wieder in den Schoß der Familie aufnehmen und richtet in Form einer großen Arie eine feierliche Ansprache an ihn. Alfredo versteht nicht so recht, was sein Vater von ihm will. Germont schwelgt in der für ihn erfreulichen Vorstellung, den verlorenen Sohn mit nach Hause nehmen zu können, weil der das „Problem Violetta“ für gelöst hält. Da entdeckt Alfredo Floras Einladung auf dem Tisch. Er ist sicher, dass Violetta zu dem Ball, zurück in ihr altes Leben gegangen ist. Alfredo stürzt davon, sein Vater bleibt verdutzt zurück.
„O wie ich bereue! Wie schändlich von mir! Ich lebte in solcher Verblendung!“ (Alf-redo, S. 35)
Die Szene verwandelt sich. Begleitet von schneller, an den italienischen Volkstanz Tarantella erinnernder Musik ist in Floras Palast der Maskenball in vollem Gang, im Saal sind Spieltische aufgestellt. Der Marquis d’Obigny verrät Flora die Neuigkeit, Violetta und Alfredo hätten sich getrennt. Maskierte Gäste kommen herein. Die Frauen parodieren zu volksliedhafter Musik einen Zigeunerinnenchor; sie wollen Flora und dem Marquis aus der Hand lesen und verspotten ihre Leichtlebigkeit. Dann treten die Herren, angeführt von Gaston, in Stierkämpferkostümen ein und erzählen zu schmissiger Marschmusik eine neckische Liebesgeschichte um einen verliebten Stierkämpfer. Alle sind aufs Heiterste gestimmt, als Alfredo hereinplatzt, auf der Suche nach Violetta. Kurz darauf erscheint seine Angebetete tatsächlich – am Arm des Barons Douphol. Violetta ist überrascht, Alfredo zu sehen. Sie wünscht sich, sie wäre nicht gekommen.
„Gott gab mir eine Tochter, rein wie ein Engel; wenn Alfredo sich weigert, in den Schoß seiner Familie zurückzukehren, wird der junge Mann, der sie liebt und wiedergeliebt wird und den sie heiraten sollte, sich der Verbindung verweigern, die beide glücklich machte ...“ (Germont, S. 41)
Alfredo lenkt sich mit einem Kartenspiel ab. Er gewinnt ständig, die Einsätze steigen. Der Baron, der in Alfredo den Nebenbuhler wittert, beteiligt sich herausfordernd. Alle Anwesenden verfolgen gespannt das Spiel. Als ein Diener die Gesellschaft zum Diner ruft, verlassen alle den Saal, doch Violetta hat Alfredo ein Zeichen gegeben, ihr zu folgen. Sie beschwört ihn, sich nicht wegen ihr auf ein Duell mit dem Baron einzulassen. Er solle am besten gleich gehen. Seiner Bitte, ihm zu folgen, verweigert sie sich. Eifersüchtig verdächtigt Alfredo sie, im Baron einen neuen Beschützer und Liebhaber gefunden zu haben. Violetta antwortet ausweichend, Alfredo sieht sich in seiner Annahme bestätigt. Die übrigen Gäste, von Alfredo herbeigerufen, verfolgen bestürzt die Auseinandersetzung. Alfredo bekennt, dass er sich von Violetta aushalten ließ, dass er nun aber alles zurückzahlen will – und wirft ihr den Spielgewinn vor die Füße. Germont, gerade angekommen, rügt das unehrenhafte Verhalten seines Sohnes. Alle sind entsetzt und stellen sich im Chor auf Violettas Seite. Allgemeine Verlegenheit macht sich breit. Bevor die Menschen die Szene verlassen, beschwört Violetta noch ein-mal ihre Liebe zu Alfredo: „Alfredo, Alfredo, di questo core ...“ („Wisst ihr denn nicht, welche Liebe tief und unermesslich in meinem Herzen brennt“).
3. Akt: Im Angesicht des Todes
Wie schon in den ersten Takten der Ouvertüre erklingt wieder das elegische Motiv verhauchenden Lebens, als Violetta frühmorgens in ihrem Schlafzimmer erwacht. Sie ist schwach und sterbenskrank. Ein Priester war schon am Vorabend bei ihr. Trotz der frühen Stunde kommt bereits Doktor Grenvil (Bass), um nach ihr zu sehen. Er flüstert der Zofe Annina zu, dass Violetta nur noch eine Frist von wenigen Stunden habe. Violetta schickt Annina nach der Post. Dann zieht sie unter dem Kopfkissen einen Brief hervor und liest noch einmal – in schwachem Sprechgesang – den Bericht Germonts über das Duell von Alfredo mit dem Baron: Letzterer wurde verwundet, und Alfredo ging ins Ausland. Germont enthüllte seinem Sohn schließlich die Gründe für Violettas Verzicht auf ihre Liebe. Alfredo will nun, wie es in dem Brief weiter heißt, so bald wie möglich kommen, um Violetta um Verzeihung zu bitten.
„Wisst ihr denn nicht, welche Liebe tief und unermesslich in meinem Herzen brennt? Dass ich unter den Lebenden keine Freunde, keine Verwandten habe?“ (Violetta, S. 43)
Violetta weiß, dass es dafür zu spät ist. Sie betrachtet sich im Spiegel und erinnert sich, begleitet von schwebenden Tönen, an das Glück vergangener Tage: „Addio del passato ...“ („Lebt wohl, schöne heitere Träume der Vergangenheit“). Es ist Violettas Abschiedsgesang. Ein letztes Mal kehrt ein wenig Lebensglut in sie zurück. Schließlich vertraut sie ihre Seele Gott an, seine Verzeihung erflehend. An diesem Tag ist in Paris Karneval. Von draußen dringt der Lärm eines Umzugs herauf.
„Lebt wohl, schöne heitere Träume der Vergangenheit, das rosige Antlitz ist schon bleich geworden; Alfredos Liebe, sie fehlt mir als Trost und Stütze der müden Seele ...“ (Violetta, S. 89)
Die Zofe kündigt Alfredos Kommen an. Die Liebenden fallen sich in die Arme und bitten einander in schnellem Wechselgesang um Verzeihung für alles Vorgefallene. Alfredo schlägt vor, Paris so schnell wie möglich zu verlassen; Violetta werde sich dann sicher wieder erholen. Violetta steht auf, sie möchte ebenfalls gerne daran glauben – doch ihr wird wieder schwindlig. Sie ist entschlossen, nach draußen zu gehen, am Karnevalstreiben teilzunehmen, kann aber nicht einmal ihren Schal festhalten. Kraftlos sinkt sie auf einen Stuhl. Violetta und Alfredo versichern einander noch einmal ihre Liebe; in ihrem Duett reimt sich „amor“ auf „dolor“. Alfredos Vater und der Arzt eilen herbei. Germont versöhnt sich mit Violetta und erklärt, sie wie eine Tochter zu betrachten. Zu einem Trauermarsch übergibt Violetta Alfredo als Andenken ihr Porträt in einem Medaillon und singt: „Se una pudica vergine ...“ („Wenn eine keusche Jungfrau in der Blüte ihrer Jahre dir ihr Herz schenke sollte, soll sie deine Ehefrau sein, ich will es so“). Violetta spürt, wie ihre Kräfte sie verlassen, sie bäumt sich noch einmal auf – und stirbt in Alfredos Armen.
Risorgimento und die „Kaiserstadt“ Paris
Verdis Heimat Italien war in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein unter Fremdherrschaft stehendes, von Aufruhr gekennzeichnetes Land. Im Süden regierten die spanischen Bourbonen, in der Mitte lag der Kirchenstaat und der Norden wurde von den österrei-chischen Habsburgern beherrscht. Der Freischärler Giuseppe Garibaldi und der Rechtsanwalt Giuseppe Mazzini waren die führenden Köpfe des auch von Verdi unterstützten Risorgimento (wörtlich: „Wiedergeburt“), der nationalen Freiheits- und Einheitsbewegung, die sich vor allem gegen die Fremdherrschaft richtete und republika-nisch inspiriert war. Bis in die 1860er Jahre hinein erlitt die Bewegung aber immer wieder Rückschläge, auf militärischem Feld vor allem durch den österreichischen General Josef Wenzel Radetzky. 1848 kam es überall in Europa zu massiven Unruhen, die die Regime wenigstens zeitweise zu Kompromissen zwangen. In Frankreich, wo der Aufruhr begonnen hatte, musste der reaktionäre „Bürgerkönig“ Louis Philippe abdanken. Zum Präsidenten der nun errichteten Zweiten Republik wurde der Neffe Napoleons gewählt. 1852 krönte er sich selbst als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen. Er regierte zwar autoritär, hinter ihm standen aber auch wirtschaftsliberale, bürgerliche Kräfte. Die alte Adelsoberschicht mit ihrem Müßiggang und ihren ererbten Privilegien blieb unangetastet, das neue Bürgertum konnte sich in zunehmender Gewerbefreiheit und in der Ausbeutung von Kolonien zumindest wirtschaftlich entfalten. Beide Schichten durchmischten sich. Das Bürgertum übernahm adlige Gesellschaftssitten wie Salons und Bälle. Paris wurde in der Epoche Napoleons III. zur Welthauptstadt des 19. Jahrhunderts, tonangebend in Kunst, Mode und Technik.
Entstehung
Um 1850, innerhalb zweier Jahre schuf Verdi mit Rigoletto, Der Troubadour und La Traviata die drei Opern, die ihm Weltruhm eintrugen, nachdem er in Italien bereits bekannt geworden war. Die Handlung von La Traviata basiert auf dem Roman Die Kameliendame von Alexandre Dumas d. J. Verdi hatte den Roman gleich nach seinem Erscheinen im Jahr 1848 gelesen. Es war ein zu jener Zeit viel diskutiertes Buch. Nachdem der Komponist auch das auf dem Roman basierende Drama gesehen hatte, fasste er den Plan für seine Oper und entwarf selbst das szenische Gerüst. Sein Librettist Francesco Maria Piave musste innerhalb kürzester Zeit das Textbuch schreiben. Die Arbeit stand unter erheblichem Zeitdruck, weil der Uraufführungstermin mit dem Teatro La Fenice in Venedig bereits vertraglich für März 1853 vereinbart war. Verdi schrieb die Musik für La Traviata in einem wahren Schaffensrausch innerhalb von 45 Tagen. Die Instrumentierung wurde erst während der Proben in Venedig komplettiert. La Traviata ist die einzige Oper Verdis, die einen Stoff aus der Gegenwart zur Vorlage hat und kein historisches Drama. Auch eigene Erfahrungen des Komponisten dürften dafür eine Rolle gespielt haben: Ebenso wie Dumas hatte Verdi eine Beziehung zu einer unverheirateten Frau und kannte die gesellschaftlichen Komplikationen nur zu gut, die sich daraus ergaben. Trotzdem ist La Traviata nicht einfach als autobiografi-sches Werk zu verstehen.
Wirkungsgeschichte
Die Oper war nicht auf Anhieb ein Erfolg. Das venezianische Premierenpublikum lehnte sie zunächst ab. Der Grund dafür ist wohl in Problemen der Aufführung zu suchen: Die korpulente Darstellerin der Violetta wirkte in der Rolle einer Schwindsüchtigen unglaubwürdig und der Darsteller des Germont agierte lustlos, weil er nicht die gewohnte Paraderolle hatte, in der er glänzen konnte. Das Publikum fand das Stück einerseits unmoralisch – immerhin stand hier eine Edelprostituierte im Mittelpunkt –, andererseits zu rührselig. Die Kritik hingegen reagierte positiv. Verdi arbeitete die Oper etwas um, bevor sie in einem kleineren Theater in Venedig noch einmal herausgebracht wurde, und erprobte sie in Neapel unter dem unverfänglicheren Titel „Violetta“. Seitdem hat sich La Traviata zu einer der populärsten Opern Verdis entwickelt. Das Werk wurde zum Vorbild für die späteren Komponisten des Verismo, etwa für Giacomo Puccini mit seiner La Bohème. Die Figur der Violetta entwickelte sich zu einer Glanzrolle aller dramatischen Koloratursoprane, zu denen z. B. in den 50er Jahren Maria Callas gehörte, deren Können von Luchino Visconti bei einer Aufführung in der Mailänder Scala meisterhaft in Szene gesetzt wurde. Im Jahr 1994 verkörperte Angela Gheorghiu die Violetta in einer viel beachteten Inszenierung des Royal Opera House in London.
FAQs
What is the story of La traviata summary? ›
La traviata is a tragic tale about Parisian courtesan, Violetta, who attempts to leave the life she knows behind to try and finally find true love. When she meets romantic Alfredo the hypocrisy of upper-class society threatens their love and someone has to pay the ultimate price.
What does Traviata mean in Italian? ›La traviata means “the fallen woman” or “the one who goes astray” and refers to the main character, Violetta Valéry, a courtesan.
What is the overall impression of the performance of La traviata? ›The overall impression is of deep, contained sadness rather than histrionic tragedy, and the evening is all the more effective for it.
What is the elements of La traviata? ›They deal with human drama and human emotions such as love, betrayal, conflict and often death. La traviata is a highly dramatic opera, one of love, intrigue and tragedy.
What story is La traviata based on? ›Her name was Marie Duplessis. She had recently turned 23 and was the most fashionable courtesan in Paris, the uncontested queen of the horizontales who serviced the city's rich bourgeoisie, upper classes, artists, writers and musicians. Her life and death would inspire Verdi's most famous opera – La traviata.
Who are the main characters in La traviata? ›La traviata
What is my beautiful girl in Italian? ›Bella – bella is feminine of bello and it is used before or after singular, feminine nouns. Some examples are: Una bella ragazza – a beautiful girl. Che bella signora – what a beautiful lady.
What is the word for a female Italian? ›In Italian, there are two gender categories: Femminile (“Feminine” ) and Maschile (“Masculine” ).
Why is La traviata important? ›La Traviata is not only the most-performed opera in the world, Verdi, it's composer, is the most-performed opera composer in the world. With such beloved masterpieces as Nabucco, Aida, and Rigoletto to his credit, that status is not likely to change any time soon.
What was the underlying theme of La traviata? ›Verdi and his librettist, Francesco Maria Piave, spin an intimate tale of devotion, social expectation, and illness, centered on just three characters—it is the tale of a courtesan who falls in love and ultimately sacrifices every- thing.
What is the overall impression of the performance? ›
Overall impression, in general, is defined as what you think overall on a scale of 1-10 a team's performance was. In a more deeper sense, it is a function of many factors like choreography, creativity, “X-factors”, and performance factors which can be explicitly quantified by some number.
What happens in the last scene of La traviata? ›Violetta's resistance dwindles and she finally agrees to leave Alfredo forever. Only after her death shall he learn the truth about why she returned to her old life. She accepts the invitation to the ball and writes a goodbye letter to her lover.
What are the main elements of opera? ›An opera is composed of four essential elements: the text ('libretto') and the music, the singing and the staging.
What are the components of an opera describe each? ›The spectacle of an opera encompasses sets, costumes, special effects, props and staging. These elements are combined to tell the story in a multi-dimensional manner. Set: The place where the action will occur on stage. Operas often have large, spectacular sets that reflect the time and place of the story being told.
What style of music is La traviata? ›La traviata (Italian pronunciation: [la traˈvjaːta]; The Fallen Woman) is an opera in three acts by Giuseppe Verdi set to an Italian libretto by Francesco Maria Piave.
What is the most famous part of La traviata? ›Today we're listening to “Libiamo ne'lieti calici” (popularly know as “The Drinking Song”) the famous duet with chorus from Act I of the Italian opera La Traviata by Giuseppe Verdi.
Who is the fallen woman in La traviata? ›La traviata: Violetta
La traviata's heroine Violetta is the archetypal fallen women. A Parisian courtesan suffering with consumption, Violetta tries to leave her fast-paced life behind to be with the romantic Alfredo.
The plot takes place in Paris and in its surroundings, in the late 1950's. The action of the first act takes place in August; the second in January; and the third in February. Violetta Valéry, a young courtesan, famous in the Parisian high society, throws a party in her home.
Is La traviata a love story? ›La traviata is the only one of Verdi's 27 operas that chronicles a love affair as its main theme. Not just a love affair but a thoroughly believable one. Violetta, Alfredo and his father are real characters, people with the same emotions as you and me, people we can believe in.
What is the prettiest Italian word? ›What are the prettiest Italian words? Some beautiful Italian words are: Pensierino, Zanzara, Farfalla, Pantofolaio, and Addirittura.
How do you call your girlfriend cute in Italian? ›
There's also another way to use amore and make it “cuter”, by adding the suffix -ino to it: amorino (“little love”).
How do you ask a girl out in Italian? ›- Sei libero/a stasera o domani? — Are you free this evening or tomorrow?
- Sei libero/a questo fine settimana? ...
- Posso avere il tuo numero di telefono? ...
- Vuoi qualcosa da bere? ...
- Che vuoi bere? ...
- Vorresti venire a cena con me? ...
- Ti andrebbe di venire con me ad una festa? ...
- Ho vinto due biglietti per concerto.
signorina. / (ˌsiːnjɔːˈriːnə, Italian siɲɲoˈrina) / noun plural -nas or -ne (Italian -ne) an unmarried Italian woman: a title of address equivalent to Miss when placed before a name or madam or miss when used alone.
What is the Italian word for boy? ›Look it up in the dictionary and you'll find a simple enough definition: un ragazzo is a boy, una ragazza is a girl, i ragazzi are boys and le ragazze are girls.
How do you address an Italian girl? ›The titles signora and signorina do not, like Miss and Mrs in English, always denote marital status. Signorina is used to address a very young woman but if you know she is married she becomes signora. Signora is used for married women and all older women.
Is La traviata an opera or musical? ›La traviata is a tragic opera by Verdi
The playwright, and author of the book it was based on, Alexandre Dumas used his affair with courtesan Marie Duplessis as inspiration for the tragic story. One year later, inspired by Dumas's play, Verdi's La traviata premiered at the La Fenice opera house in Venice.
1) The best opera to see for a beginner: La Traviata
Probably Giuseppe Verdi's most famous opera, created in 1853, “La Traviata” is based on the novel by Alexandre Dumas, “La Dame aux Camélias”, and adapted from the libretto by Francesco Maria Piave.
Alfredo Germont
A typical romantic lead, Alfredo is sung by a tenor, whose higher, more lyrical voice stands in contrast to the gruffer, more world-weary baritone of his father, and mirrors his innocent optimism.
La traviata
Why does Violetta of La traviata want Alfredo to leave her? ›Alfredo learns that Violetta has been selling her possessions in order to pay their expenses, so he leaves for Paris to make other financial arrangements. Germont, Alfredo's father, unexpectedly visits, demanding that Violetta leave Alfredo so that his sister's impending marriage will not be threatened by scandal.
Who is Flora in La traviata? ›
Stephanie Wake-Edwards as Flora Bervoix in La traviata, The Royal Opera.
What are the three impressions? ›There are three primary types of dental impressions: preliminary, final and bite registration: Preliminary impressions: Preliminary impressions are used for diagnostic purposes, or as the initial step in the process of fabrication (making) of different prostheses, including crowns and dentures.
What are the three types of impressions? ›- Latent. The skin has deposits of oil and perspiration that normally coat the surface. ...
- Patent. ...
- Plastic or Molded.
Suffering from tuberculosis, Violetta feels death approaching. Nonetheless, she ends up accepting Alfredo's courtship. They spend a few carefree months at a country house near Paris.
Why was La traviata controversial? ›“La traviata” exposed the open wound of the society - politics, misogyny, and hypocrisy then prevalent at the heart of Europe.
What happens in Act 3 of La traviata? ›When Annina leaves, Violetta takes out a letter from Giorgio Germont, reporting that the Baron was wounded in the duel and that Alfredo has gone abroad. Also, Germont has told Alfredo of her sacrifice and promises that both of them will come to her. But it is late, and they have not yet come.
What are the five 5 parts of an opera? ›- Orchestra. During an opera performance, the orchestra is in the pit, an area under the stage and below the singers. ...
- Chorus. The chorus can play the role of all sorts of characters but usually represents the people, villagers, and/or soldiers in a story. ...
- Control room. ...
- Logistics.
- Like other forms of art and entertainment, opera has many different genres. We've rounded up some of the most common opera genres and the famous composers behind them.
- Opera Seria. If you ask someone to describe 'opera', usually the words drama and tragedy come to mind.
- Opera Verismo.
A libretto (Italian for "booklet") is the text used in, or intended for, an extended musical work such as an opera, operetta, masque, oratorio, cantata or musical.
What are the types of an opera called? ›Enter Jacopo Peri (1561–1633), who composed Dafne (1597), which many consider to be the first opera. From that beginning, two types of opera began to emerge: opera seria, or stately, formal and dignified pieces to befit the royalty that attended and sponsored them, and opera buffa, or comedies.
What is the end of an opera called? ›
A finale is the last movement of a sonata, symphony, or concerto; the ending of a piece of non-vocal classical music which has several movements; or, a prolonged final sequence at the end of an act of an opera or work of musical theatre.
What is La traviata about short summary? ›La traviata is a tragic tale about Parisian courtesan, Violetta, who attempts to leave the life she knows behind to try and finally find true love. When she meets romantic Alfredo the hypocrisy of upper-class society threatens their love and someone has to pay the ultimate price.
What is La traviata about in summary? ›It's August in mid-century Paris, and in the midst of a life of nonstop parties, the young and widely adored courtesan [KOR-tuh-zn], Violetta Valéry, is forced to come to terms with her ailing health and aching heart.
What do you wear to the opera? ›The bottom line is this: the best thing to wear to the opera is whatever makes you the most comfortable. We'll be thrilled to see you in a gown, jeans, shorts, or even in a little bit of costuming. Come as you are!
Why is La traviata so famous? ›“La traviata is one of the most famous operas and it's because it has really emotional music and scenes of great power. It's a very attractive opera to watch and a very compelling story.”
What type of song is La traviata? ›La traviata (Italian pronunciation: [la traˈvjaːta]; The Fallen Woman) is an opera in three acts by Giuseppe Verdi set to an Italian libretto by Francesco Maria Piave.
Is La traviata a good opera for beginners? ›1) The best opera to see for a beginner: La Traviata
Probably Giuseppe Verdi's most famous opera, created in 1853, “La Traviata” is based on the novel by Alexandre Dumas, “La Dame aux Camélias”, and adapted from the libretto by Francesco Maria Piave.
Violetta also demonstrates evidence of her tuberculosis even when she does not seem sick in a conventional sense, with her almost manic energy in the party scene in Act I.
What is Violetta's sickness in La traviata? ›La Traviata is the story of a woman whose tragic end is certain from the first few aching chords of the prelude. Violetta, the “fallen woman” of the opera's title, knows that the tuberculosis she suffers from will take her life.
Who is Violetta's love interest? ›Violetta falls in love with Tomás (Pablo Espinosa) but Francesca (Lodovica Comello), her new best friend, already liked him. Ludmila (Mercedes Lambre), the richest and most arrogant girl in Studio 21, also falls in love with Tomás, angering León (Jorge Blanco), her old boyfriend. Later, Ludmila and Tomás start dating.